Grussworte

des Reeser Burgermeisters Christoph Gerwers anlasslich des Gedenkens

an die judischen Burger und die niederlandischen Zwangsarbeiter,

die wahrend der Herrschaft der Nationalsozialisten ums Leben gekommen sind,

Montag, 09. November 2009, 15.30 Uhr, Mahnmal in Rees

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen, dass Sie meiner Einladung zur Gedenkveranstaltung an diesem geschichtstrachtigen Tag so zahlreich gefolgt sind und mochte Sie sehr herzlich hier am Mahnmal in Rees willkommen heissen. Mein besonderer Gruss gilt Herrn Arend Disberg von der niederlandischen Stichting Dwangarbeiders Apeldoorn 1940 -1945, Herrn Carel Meurs als Vertreter der niederlandischen Gemeinde Apeldoorn, den Zeitzeugen sowie ihren Angehorigen und Freunden sowie den vielen weiteren Gasten aus den Niederlanden und aus Deutschland. Begrussen mochte ich die Familienangehorigen der ums Leben gekommenen judischen Mitburger, die Vertreter des Arbeitskreises, die dieses Mahnmal im Jahre 1984 errichtet haben und Herrn Bernd Schaefer, der sich in besonderer Weise mit der Geschichte der Juden beschaftigt.

Verehrte Damen und Herren, wahrend der Herrschaft der Nationalsozialisten geschah das, was bis heute unbegreiflich ist. Mit Trauer, Entsetzen und mit Scham blicken wir auf das zuruck, was Menschen in Deutschland anderen Menschen angetan haben. Mit Trauer und Scham gedenken wir heute der judischen Burgerinnen und Burger sowie der niederlandischen Zwangsarbeiter, die wahrend der Herrschaft der Nationalsozialisten ums Leben gekommen sind.

Das Kriegsende liegt nun fast 65 Jahre zuruck. Seither ist in Deutschland viel geschehen. Das Land hat sich seiner Vergangenheit und seiner Verantwortung gestellt und sich zu einem stabilen demokratischen Rechtsstaat entwickelt. Heute vor genau 20 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen und das geteilte Deutschland erlebte die friedliche Wiedervereinigung. Der 9. November 1989 war ein Freudentag. Der 9. November 1938 dagegen steht fur das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, als namlich in der Reichspogromnacht die Synagogen in Deutschland brennen und judische Mitburger verhohnt, misshandelt und getotet werden. Es ist gleich aus mehreren Grunden unverzichtbar, am heutigen 9. November 2009 auch auf diesen Teil unserer Vergangenheit zuruck zu blicken und die Erinnerung an die Geschehnisse wahrend der Herrschaft der Nationalsozialisten wach zu halten. Schliesslich gilt es, aus der Geschichte zu lernen.

Die Zahl derjenigen, die den 2. Weltkrieg personlich miterlebt haben, nimmt kontinuierlich ab. Aus Erinnerung wird Geschichte. Der zeitliche Abstand zu den schrecklichen Ereignissen wird immer grosser und es ist notwendig, dass wir und auch die folgenden Generationen diesen Teil unserer Geschichte in Erinnerung rufen und in Erinnerung behalten. Der fruhere Bundespresident Richard von Weizsacker stellte einmal fest: “Wir lernen aus der Geschichte nicht, was wir tun sollen aber wir kunnen aus ihr lernen, was wir bedenken mussen.” Veranstaltungen wie die heutige rufen die Geschehnisse der NS-Diktatur wieder ins Bewusstsein und sollen uns Mahnung sein.

Gleichzeitig halten Mahnmale die Erinnerung wach. Nach der Veroffentlichung der Schrift “Kriegsende in Rees” fand sich in unserer Stadt ein Arbeitskreis zusammen, dem unter anderem Pfarrer Dr. Rainer Neu angehorte, der gleich noch zu Wort kommen wird. Auf Initiative dieses Arbeitskreises wurde im Jahre 1984 das Mahnmal, an dem wir nun stehen, errichtet. Damit wurde ein weiterer wichtiger Beitrag dazu geleistet, dass der schlimmen Vorkommnisse und der vielen Opfer der NS-Herrschaft bis heute und sicher auch in Zukunft gedacht wird. Denjenigen, die seinerzeit an der Errichtung beteiligt waren, mochte ich an dieser Stelle danken und meinen Respekt zum Ausdruck bringen. Auch die Mahnmale und Gedenktafeln, die etwa in Apeldoorn oder in Bienen aufgestellt wurden, richten sich gegen das Vergessen. In diesem Zusammenhang mochte ich Sie bereits heute zu einer Veranstaltung am 28. Februar kommenden Jahres einladen. An diesem Tag werden Vertreter aus Rees und dem niederlandischen Megchelen eine Tafel mit Informationen uber das Zwangsarbeiterlager am Melatenweg in Rees und ein Denkmal in Megchelen presentieren. Entsprechende Einladungen und Informationen folgen rechtzeitig.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Blick zuruck zeigt auch, wie wertvoll Freiheit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte sind, und wie unverzichtbar es ist, immer wieder fur ihre Beachtung und Umsetzung einzutreten. Wir alle sind aufgefordert, nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft zu schauen und uns fur den Erhalt des Friedens  sowie fur die Freiheit und Menschenwaerde, aber auch in unserem direkten Umfeld fur den Nachsten, den hilfebedurftigen, bedrangten oder bedrohten Mitmenschen einzusetzen.

Ich mochte Sie schon jetzt zu einem Gedankenaustausch bei Kaffee und Kuchen auf das Fahrgastschiff Stadt Rees im Anschluss an diese Veranstaltung einladen, danke aber zuvor all jenen, die zum Zustandekommen der heutigen Gedenkfeier beigetragen haben.