Vortrag am 9.11.2015 in Rees.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Herr Gerwers, es tut gut, wieder hier zu sein.  Ich wurde gefragt, heute im Namen von allen Alt-Zwangsarbeitern und ihren Hinterbliebenen ein paar Worte zu sagen. Das tue ich gerne.

In den Monaten November und Dezember 1944 wurden in ganz Holland Männer und Jungen verhaftet und abgeführt, als Zwangsarbeiter sollten sie zur IJssellinie, um dort Verteidigungsbauten zu errichten.  Ungefähr 3.500 holländische Männer und Jungen wurden Anfang Dezember 1944 nach Lager Rees abgeführt.  Davon kamen zirka 850 aus dem Ort Apeldoorn. Der jüngste war damals 16 Jahre alt.  Viele überlebten Lager Rees nicht – der kalte Winter, Krankheit oder auch Stockschläge forderten viele Opfer.  In Lager Rees gab es Macht und Ohnmacht. Es gab damals in keinster Weise Gleichheit: der eine war ganz klar der Chef, der andere der Untergebene. Der Chef zeigte das auch.

Wenn ich jetzt um mich herum schaue, sehe ich deutsche und holländische Menschen brüderlich zusammen stehen. So sollte es überall auf der Welt sein.

Über die Medien sehen und hören wir, dass immer noch viele Menschen flüchten müssen vor Kriegsgewalt.  Gründe sind da Rasse, Hautfarbe, Nationalität, sexuelle Orientierung oder Religion. Diese Flüchtlinge wollen nur eins und das ist sicher sein. Sie wollen eine neue Zukunft aufbauen und ein Leben in Freiheit.

Ein Leben in Freiheit ist jetzt für uns normal, doch das war es nicht immer.  Frage die Alt-Zwangsarbeiter, denn sie wissen exakt wie es war, unterdrückt oder erniedrigt zu werden.

Wir gedenken heute zusammen denen, die im Zweiten Weltkrieg den Streit um Macht und Ohnmacht erlegen sind. Wir haben die gleiche Trauer.  Viele Zwangsarbeiter haben den Weg nach Holland zurückgefunden. Dabei erhielten sie Hilfe von sowohl holländischen als auch deutschen Bürgern. Ohne diese Hilfe wäre die Zahl der Opfer noch höher gewesen.

Indem wir an Gedenkfeiern und Gedenkwanderungen teilnehmen, bleiben wir wach und werden an die Tatsache erinnert, dass wir Rücksicht nehmen müssen auf einander.  Anders gesagt: behandle andere wie du selber behandelt werden möchtest.

Es ist wichtig, dass wir Holländer schon seit vielen Jahren mit unseren deutschen Freunden Gedenkfeiern sowohl in Deutschland als in Holland besuchen.  Es hat uns zusammen geführt und uns mit einander verbunden.  Jetzt gibt es Freundschaft statt Macht und Ohnmacht.

Es ist auch gut, dass es Denkmäler gibt. So wie es sie in Rees, in Bienen, in Megchelen und in Apeldoorn gibt.  Es ist schön, dass es in Megchelen einen Hörstein gibt und dass an den Melatenweg in Rees eine Infotafel steht.  Der Hörstein in Megchelen und die Infotafel in Rees erwecken die Denkmäler in beiden Städten zum Leben.  Sie geben in kurzen Umschreibungen und Bildern wieder, was in dem Krieg an jener Stelle oder Umgebung geschehen ist. Sie bewirken, dass die Jugend lernt, dass Freiheit nicht etwas selbstverständliches ist.  Sondern etwas, dass man pflegen und beschützen muss.

Es tut gut, Ihnen mitteilen zu können, dass wir am siebenundzwanzigsten November 2015 in Apeldoorn im Anschluss an unserer eigenen Gedenkfeier auch eine Infotafel enthüllen werden können.  Damit möchten wir die Geschichte, die hinter unserem Denkmal liegt, erzählen und kurz umschreiben, was alles in Apeldoorn, in Werth, in Rees und in Megchelen geschehen ist.

Wir hoffen viele von Ihnen bei unserer Gedenkfeier und Enthüllung am  siebenundzwanzigsten November begrüssen zu dürfen.

 Vielen Dank für Ihre Einladung und Ihre Aufmerksamkeit.