Rede von Bürgermeister Christoph Gerwers anl. der Gedenkveranstaltung am 29.11.2013 – im niederländischen Apeldoorn – es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Bürgermeister-Kollege Berends,  sehr geehrter Herr Disberg,  verehrte Zeitzeugen,   liebe Schülerinnen und Schüler der Montessorie-Schule,  meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Hanni Fink, eine heute 84-jährige Zeitzeugin aus Rees, die heute leider nicht an der Gedenkveranstaltung hier in Apeldoorn teilnehmen kann, erinnert sich noch ganz genau an das, was im Winter 1944 / 1945 in unmittelbarer Nachbarschaft ihres Elternhauses in Rees-Groin geschehen ist: „Das sind Bilder, die man nie mehr los wird“, hat sie kürzlich gesagt.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler, für die Einladung zur heutigen Gedenkveranstaltung hier in Apeldoorn danke ich Ihnen herzlich. Ich bin heute hier, um gemeinsam mit Ihnen der Razzia vom 02.12.1944 und deren Folgen zu gedenken. Vor fast genau 69 Jahren wurden auf dem hiesigen Marktplatz 11.000 Menschen versammelt. 4.500 Männer wurden deportiert, 850 von ihnen in die Zwangsarbeiterlager in Rees und Umgebung gebracht.

Als 15-jähriges Mädchen hat Hanni Fink beobachtet, dass die Zwangsarbeiter Lauf- und Panzergräben ausheben mussten und unter katastrophalen, menschenunwürdigen Umständen im Lager untergebracht waren. „Sie waren nachher nur noch in Lumpen gekleidet, hatten großen Hunger und wurden von den Aufsehern gepeinigt“, so Frau Fink. Viele der Zwangsarbeiter sind in Rees zu Tode gekommen.

Als Bürgermeister der Stadt Rees schäme ich mich für das, was vor 69 Jahren in unserer Stadt passiert ist, auch wenn es Menschen gegeben hat, die die Zwangsarbeiter unterstützt und Ihnen auf der Flucht geholfen haben. Allerdings bin ich froh, dass die Zeitzeugen seit einigen Jahren, also viele Jahrzehnte nach den schrecklichen Vorkommnissen, aufeinander zugehen und sich die Hände reichen. Nach zig Jahren des Schweigens, der Schmerzen und der Distanz wurde vor einiger Zeit damit begonnen, die Geschichte aufzuarbeiten. Dazu hat auch Frau Fink einen wichtigen Beitrag geleistet.

Sie alle, verehrte Damen und Herren, liebe Schüler, sind bei uns in Rees ganz herzlich willkommen. An dieser Stelle möchte ich Sie zu unserem fünften Gedächtnisgang am 9. März kommenden Jahres einladen. Im Rahmen der Veranstaltung wird wieder der Flucht der niederländischen Zwangsarbeiter aus deutscher Gefangenschaft gedacht. Ich würde mich freuen, Sie zu der Veranstaltung begrüßen zu dürfen.

Noch gibt es Menschen, die über die Geschehnisse und das Erlebte berichten können. Allerdings wird es irgendwann keine Zeitzeugen mehr geben, die den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Dann, verehrte Damen und Herren, ist es an uns allen, das Gedenken an die schlimmen Ereignisse wach zu halten, denn nur wenn uns bewusst ist, was damals passiert ist, können wir uns wirksam für Frieden und Menschenrechte engagieren. Wir müssen aufmerksam und sensibel sein, wir müssen Augen und Ohren offenhalten und wird dürfen nicht wegsehen, wenn sich Hass und Fremdenfeindlichkeit breitmachen und Minderheiten unterdrückt werden. Dann ist Zivilcourage gefragt – und zwar von jedem von uns.

Ihr, liebe Schülerinnen und Schüler der Montessorie-Schule, habt vor Jahren bereits die Patenschaft für das Denkmal des Zwangsarbeiters hier in Apeldoorn übernommen und wirkt regelmäßig an dieser Gedenkveranstaltung mit. Damit leistet Ihr bereits heute einen wichtigen Beitrag dazu, die Erinnerung wach zu halten und ein mahnendes Gedenken an die Vergangenheit zu bewahren. Dieses Engagement verdient meinen ganzen Respekt und dafür möchte ich Euch herzlich danken. Ich wünsche mir, dass die Vergangenheit auch künftig nicht in Vergessenheit gerät und wir alle auch weiterhin besonders für Frieden Freiheit und Menschenwürde eintreten.

Abschließend möchte ich allen, die zum Gelingen der heutigen Gedenkfeier beigetragen haben, insbesondere den Schülerinnen und Schülern der Montessorie-Schule, meinen herzlichen Dank aussprechen. Ich wünsche Ihnen und Euch alles Gute und der Veranstaltung weiterhin einen guten Verlauf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.